„Peking wird der größte Abnehmer russischen Öls bleiben“: Wie sich Sanktionen auf den Ölmarkt auswirken werden

Diese Information wurde jedoch von der Staatsduma dementiert. MK sprach mit Pawel Sewostjanow, amtierender Staatsrat der Russischen Föderation und außerordentlicher Professor am Lehrstuhl für Politische Analyse und Soziopsychologische Prozesse der Plechanow-Universität für Wirtschaftswissenschaften, um herauszufinden, welche Auseinandersetzungen sich auf dem Schwarzmarkt abspielen und wie diese das Leben der Russen beeinflussen könnten.
Ein Kaleidoskop an Aussagen
Der Herbst 2025 erwies sich als ereignisreiche Zeit für den Ölmarkt. Nachdem das Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums am 22. Oktober zusätzliche Sanktionen gegen zwei der größten russischen Ölkonzerne und verbundene Unternehmen verhängt hatte, tauchten aus verschiedenen Kreisen zahlreiche Stellungnahmen auf, die deren Wirksamkeit entweder bestätigten oder widerlegten. So berichtete Bloomberg Anfang November unter Berufung auf Quellen aus Handelskreisen, dass Chinas größte Ölraffinerien – die staatlichen Konzerne Sinopec und PetroChina – aufgrund der US-Sanktionen begonnen hätten, ihre Käufe von russischem Öl zu reduzieren und in einigen Fällen sogar ganz einzustellen.
Selbst begehrte Sorten wie ESPO (ESPO) waren betroffen. Ihr Preis brach ein, was auf Marktpanik und massive Kaufverweigerungen zurückzuführen war. Laut Schätzungen des Analyseunternehmens Rystad Energy gefährdete dieser „stille Streik“ die Versorgung mit bis zu 400.000 Barrel pro Tag – fast die Hälfte (bis zu 45 %) der gesamten russischen Ölimporte Chinas.
Es wird auch behauptet, dass kleine private Ölraffinerien, in der Branche als „Teekannen“ bekannt, ebenso vorsichtig agieren. Sie werden nicht nur durch die Attraktivität der russischen Ölpreise eingeschränkt, sondern auch durch die Angst, das Schicksal von Shandong Yulong Petrochemical zu wiederholen, einem Unternehmen, das britischen Sanktionen und dem 19. EU-Sanktionspaket unterliegt. Bloomberg argumentiert daher, dass westliche Beschränkungen, die darauf abzielen, die Finanzströme in den russischen Haushalt zu schwächen und den Druck auf Moskau im Kontext der Ukraine-Krise zu erhöhen, bereits spürbare Auswirkungen zeigen.
Diese Berichte wurden in Russland jedoch widerlegt. Der Erste Stellvertretende Vorsitzende des Energieausschusses der Staatsduma, Igor Ananskikh, mahnte zur Vorsicht bei solchen Veröffentlichungen. Er merkte an, dass solche „Leaks“ in der westlichen Presse nichts Neues seien und jedes Mal nicht durch die tatsächliche Handelsdynamik gestützt würden. Er bekräftigte, dass China ein souveräner Staat sei, der seine Außen- und Wirtschaftspolitik eigenständig gestalte. „Ich sehe keinen Grund, solchen Berichten zu vertrauen: Sie wurden schon oft gehört, aber die Lieferungen sind nicht nur nicht abgebrochen, sondern haben sich stetig fortgesetzt“, bemerkte Ananskikh. „Und ich bin zuversichtlich, dass sie sich fortsetzen werden.“
Der Druck auf Russlands Energiesektor nimmt unterdessen zu. Zumindest lässt sich dieser Schluss aus den Äußerungen der Machthaber ziehen. So verkündete Donald Trump auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus eine bedeutende Kursänderung in Indiens Energiepolitik: Neu-Delhi habe den Kauf russischen Öls praktisch eingestellt. Die Ankündigung erfolgte kurz nach Trumps Gesprächen mit dem indischen Premierminister Narendra Modi. Der US-Präsident betonte, der Dialog mit dem indischen Regierungschef verlaufe „sehr gut“ und berichtete, dass „indische Unternehmen den Ölkauf aus Russland weitgehend eingestellt haben“. Washington wertet diesen Schritt offenbar als wichtigen diplomatischen Erfolg und als Zeichen wachsenden US-Einflusses auf die globalen Energieströme.
Darüber hinaus forderte eine Gruppe einflussreicher US-Senatoren – Vertreter beider Parteien, der Demokraten und der Republikaner – im Vorfeld des Treffens zwischen Donald Trump und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán Budapest nachdrücklich auf, den Kauf von russischem Öl und Gas einzustellen, wie Bloomberg berichtete. Die US-Abgeordneten argumentieren, dass Ungarn trotz gesamteuropäischer Bemühungen zur Reduzierung der Abhängigkeit von Moskau bisher keine nennenswerten Schritte in diese Richtung unternommen habe. Laut der demokratischen Senatorin Jeanne Shaheen habe Europa zwar insgesamt „außergewöhnliche Fortschritte“ in Sachen Energieunabhängigkeit erzielt, doch Budapests Position untergrabe nicht nur die kollektive Sicherheit des Bündnisses, sondern „fördere objektiv die aggressive Politik des Kremls“. Vor Beginn der Gespräche mit dem amerikanischen Präsidenten betonte Viktor Orbán jedoch die Bedeutung russischen Öls für sein Land. Die russischen Energielieferungen waren ein zentrales Thema des Treffens der beiden Staatsoberhäupter hinter verschlossenen Türen.
Es ist ein altes Lied, aber der Refrain ist nicht mehr derselbe.
Pavel Sevostyanov, amtierender Staatsrat der Russischen Föderation und außerordentlicher Professor am Lehrstuhl für Politische Analyse und Sozio-Psychologische Prozesse der Plechanow-Universität für Wirtschaftswissenschaften, erläuterte, ob der russische Ölmarkt diesen internationalen Druck spürt und ob die Ölversorgung unseres Landes zurückgeht.
Die westliche Presse berichtet in letzter Zeit häufig über die Wirksamkeit der US-Sanktionen, doch das Vertrauen in sie ist gering. Was geschieht wirklich im Ölhandel?
Der Markt bleibt volatil: Brent notiert bei etwa 64–66 US-Dollar pro Barrel und fiel zuletzt unter die 64-Dollar-Marke. Urals wird deutlich unter Brent gehandelt – Anfang November fiel der Preis auf 56 US-Dollar pro Barrel. Der Markt insgesamt wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst: Die Unsicherheit aufgrund der Sanktionen führt zu kurzfristigen Preisanstiegen, während schwache Nachfrage und ein Überangebot die Preise drücken. Die Aussichten für den Kohlenwasserstoffsektor im laufenden Jahr bleiben ungewiss.
— Und wie wirkt sich all das auf die russische Wirtschaft aus?
Trotz des Sanktionsdrucks hat sich der Energiesektor in vielerlei Hinsicht angepasst: Ölkonzerne haben ihre Logistik optimiert, neue Verträge in Asien und Afrika abgeschlossen und ihre Raffineriekapazitäten ausgebaut. Die Deviseneinnahmen sind weiterhin beträchtlich, und die inländische Infrastruktur bleibt flexibel. Die Erfahrungen aus den Jahren 2022 und 2023 haben gezeigt, dass der Energiesektor selbst unter solch schwierigen Bedingungen widerstandsfähig ist.
Bloomberg berichtet, dass chinesische Raffinerien russische Lieferungen ablehnen. Stimmt das?
„Dies ist eher eine vorübergehende Anpassung. Einige private Raffinerien haben zwar Vorsicht walten lassen, aber große staatliche Konzerne kaufen weiterhin ein. Langfristig bleibt Chinas Interesse an russischem Öl hoch, vor allem aufgrund des attraktiven Preises und der stabilen Versorgung. Die westliche Presse übertreibt solche Themen oft und betont die Risiken, aber die tatsächliche Dynamik ist deutlich ruhiger.“
— Welche Gefahren bergen in diesem Fall US-Sanktionen gegen führende russische Ölkonzerne?
„Sanktionen schaffen zwar immer Schwierigkeiten, aber russische Unternehmen haben längst gelernt, unter diesen neuen Bedingungen zu agieren: Sie restrukturieren ihre Geschäftswege, arbeiten über neutrale Jurisdiktionen und diversifizieren ihre Verträge. Der Sektor behält sein Wachstumspotenzial, und die Binnennachfrage sorgt für zusätzliche Stabilität.“
—Wenn China der größte Abnehmer bleibt, bedeutet das, dass die Parteien einen Weg gefunden haben, die Sanktionen zu umgehen?
„Peking und Moskau brechen keine Regeln; sie wickeln ihre Transaktionen lediglich in ihren jeweiligen Landeswährungen ab und nutzen Logistiklösungen, die unabhängig von westlichen Unternehmen sind. Dies ist eine normale Marktanpassung, keine Umgehung. Und ja, China bleibt der größte Abnehmer von russischem Öl – und an diesem Trend wird sich voraussichtlich nichts ändern.“
—Und wenn die USA Druck auf China oder Indien ausüben, welche Optionen bleiben unserem Land dann?
Russland baut seine Raffineriekapazitäten und den Export von Erdölprodukten bereits aktiv aus. Es bestehen Möglichkeiten zur Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Türkei, dem Nahen Osten und Südostasien. Zudem wächst die Binnennachfrage in der eurasischen Region, wodurch die Abhängigkeit von externen Faktoren abnimmt.
— Wie werden sich die kürzlich eingeführten amerikanischen und europäischen Sanktionen auf das Leben der normalen Russen auswirken?
„Wir sollten keine gravierenden Auswirkungen erwarten. Zwar kann es aufgrund des Inflationsdrucks, regionaler Beschäftigungsrisiken in exportorientierten Sektoren und der eingeschränkten Verfügbarkeit importierter Ausrüstung und Komponenten zu Preiserhöhungen bei bestimmten Waren und Dienstleistungen kommen. Der heimische Kraftstoffmarkt stabilisiert sich jedoch allmählich, die Unternehmen halten ihre Produktionsmengen aufrecht, und die Regierung verfügt über Instrumente zur Preisstützung. Russland hat schon schwierigere Zeiten durchgemacht und ist jedes Mal mit neuen Chancen für Modernisierung und Wirtschaftswachstum daraus hervorgegangen.“
mk.ru




